Charlotte Steinau und Hannah Taschbach
werden für ihre Besten-Leistung im Deutsch-Abitur 2017 und ihr Engagement als
Botschafterinnen Europäischer Kultur im Sinne Walter Hasenclevers von der Walter-Hasenclever-Gesellschaft, der Partnerin der Literaturpreis-AG des Einhard-Gymnasiums, ausgezeichnet.
Aachen, den 30. Juni 2017
Dr. Barbara Schommers, Vorsitzende der WHG Ralf Gablik, Schulleiter des Einhard-Gymnasiums Miriam Steinig / Dr. Maria Behre, AG-Leiterinnen
Hasenclever—Geburtstagsfeier 2017 Am 11. Juli 2017 galt die Hasenclever-Geburtstagsfeier, die wieder im Gartensaal des Deutsch-französischen Kulturinstituts stattfand, durch das zufällige Zusammentreffen zweier kultureller Erlebnisse einem auf Hasenclever bezogenen Thema: Les Milles. Der Autor Markus Orths, den Walter Vennen auf der Frankfurter Buchmesse traf (Foto), sagte ihm für eine Lesung in Aachen zu. Dies wird nicht seine erste in unserer Stadt sein; bereits 2014 hat er sich als Autor in der Buchhandlung Backhaus vorgestellt. Der Carl Hanser Verlag München teilt über dieses Buch mit: „Im Spiegel von sechs Frauenleben erzählt dieser Roman vom 20. Jahrhundert und entwirft das Panorama einer wahnwitzigen Zeit.“ Damit nähert sich Orths Romanidee interessanteweise dem Romankonzept Hasenclevers für seinen Roman Irrtum und Leidenschaft. Hasenclever hatte dazu 1935 einem Verlagsagenten mitgeteilt: Das Werk soll die gesellschaftlichen Zustände in Deutschland in den letzten 30 Jahren darstellen. Es wird die Jugend eines Menschen geschildert, der mit allen möglichen Schichten des öffentlichen Lebens in Berührung tritt. Die einzelnen Abschnitte seiner Entwicklung werden durch Liebesbeziehungen illustriert. Fünf bis sechs Frauen sind die Träger der Handlung. (Vgl. Bert Kasties, Walter Hasenclever, Tübingen 1994, S. 362) Der Verlag teilte auf Anfrage erfreulicherweise mit, dass der Text „Brief an Eluard“ im nächsten Jahrbuch der Walter-Hasenclever-Gesellschaft abgedruckt werden könne. Walter Hasenclever — Katja Lange-Müller — Ralf Rothmann: Kleist-Preis Genau einhundert Jahre, nachdem Walter Hasenclever 1917 für sein Drama „Antigone“, das er mitten im Krieg an der Zensur vorbeigeschmuggelt hatte, den Kleist-Preis verliehen bekam, wurde im Jahr 2017 diese bedeutende Auszeichnung Ralf Rothmann verliehen, dem Hasenclever-Literaturpreisträger des Jahres 2010. In einem Interview im Deutschlandfunk Kultur vom 17. 11. 2017 sagte er auf die Frage der Moderatorin Andrea Gerk, warum er sich weitgehend aus dem Kulturbetrieb heraushalte: „Das ist eine Frage des Energiehaushalts einfach. Es kostet ja Energie, sich auf dem Parkett zu bewegen, und ich brauche alle meine Energie zum Schreiben. Jede missliche Begegnung, auch jede schöne Begegnung kostet mich Tage. Ich bin eher ein mönchisches Naturell, ich verkrieche mich lieber in meiner Höhle und mache meine Arbeit.“ Literarischer Sommer 2017: John von Düffel: Klassenbuch Am 18. Literarischen Sommer 2017 nahm die WHG erstmalig am 6. September teil, mit der Präsentation einer Lesung von Prof. John von Düffel aus seinem neuen Roman „Klassenbuch“. In seiner Einladung zu dieser Veranstaltung hob Olaf Müller als Leiter des Kulturbetriebs zu diesem Buch hervor: „Hochaktuell, brisant und sehr einfühlsam stellt John von Düffel junge Erwachsene vor, die um ihre Position in der Welt ringen, zwischen dem Alltag in Familie und Schule und vor allem dem besonderen lust- wie leidvollen Druck des Internets.“ Nach der Lesung vor einem überwiegend jungen Publikum in der „Klangbrücke“ kam es unter der Moderation von Dr. Barbara Schommers zu einem sehr anregenden Gespräch mit denen, von denen das Buch handelt: mit Schülerinnen und Schülern. Tobias Leng von der Literaturpreis-AG des Einhard-Gymnasiums hielt später für das Jahrbuch 10 der WHG fest (S.175): „Der Autor dieses so aktuellen Buchs […] suchte besonders das Gespräch mit der Generation, die seinen Roman betrifft, das heißt die der Jugendlichen, und beantwortete zudem viele Fragen von uns Schülern. Neben Fragen zum Roman selbst und zur Inszenierung seines Werks wurden den am Theater in Berlin arbeitenden Professor auch Fragen über die Chancen und Gefahren von sozialen Medien, Internet und Technik im Allgemeinen gestellt. John von Düffel nahm sich jeder dieser Fragen mit großer Offenheit an und wählte hierzu auch Beispiele aus seinem eigenen Leben.“ „Ehrenwert“ 2017 Wieder hatte die Gesellschaft auf dem Münsterplatz, direkt vor der Chorhalle, ihren Stand für Informationen, Werbegeschenke, Gespräche und Gedankenaustausch am 1. Oktober des Jahres. Der Stand war tagsüber abwechselnd besetzt. Hier Dr. Raffaele Louis und Miriam Trutnau, geb. Steinig, im Gespräch mit Interessierten. Der interessierte Herr ist sowohl ausgewiesener Hasenclever-Kenner als auch der Gesellschaft verbunden: Gregor Ackermann. MAX begeistert viele Am 23. Oktober 2017 las Markus Orths in der Buchhandlung Schmetz am Dom aus dem Roman, der inzwischen große Aufmerksamkeit erfahren hatte: MAX. Axel Schneider, seit langem Mitglied der WHG, äußerte sich begeistert über dieses Werk mit folgenden Thesen: 1. Wer die Surrealisten verstehen oder zumindest sich ihrem Denken und Fühlen annähern will, für den oder die ist MAX obligatorisch. 2. Selten wurde so kundig über die Exilsituation in Europa im Zweiten Weltkrieg geschrieben. 3. Der Künstler Max Ernst wird verständlich, biographische Details werden mit zeitgeschichtlichen Ereignissen verknüpft; also schlagen wir sofort einen Kunstband auf, um die Bilder zu sehen. 4. Wer verstehen will, was die Adjektive exzentrisch, kreativ und wandlungsfähig bei einem Menschen bedeuten, der lese MAX. Hasenclevers Briefwechsel mit Stefan Zweig nach fast 100 Jahren endlich herausgegeben Das JUNI–Magazin für Literatur und Kultur (Aisthesis Verlag Bielefeld) , herausgegeben von Gregor Ackermann und Walter Delabar, veröffentlichte in seiner Ausgabe 53/54 auf den Seiten 25–64 die Briefe Walter Hasenclevers an Stefan Zweig zwischen den Jahren 1914 und 1921. Den Anlass dazu gab Zweigs Projekt, eine Auswahl von Gedichten Paul Verlaines von deutschen Dichtern übertragen zu lassen. Dieser Briefwechsel wurde seinerzeit in der Daniel A. Reed Library der State University of New York in Fredonia archiviert und bisher nicht wissenschaftlich herausgegeben. Gregor Ackermann hatte diesen Fundort ausfindig gemacht und Doris und Jürgen Lauer bewogen, diese Aufgabe zu übernehmen. Dazu stellte er ihnen seine bisherigen Recherchen zu diesem Projekt zur Verfügung. Sie erwarben Kopien der betreffenden Dokumente von der wissenschaftlichen Bibliothek der Universität New York. Die Bearbeiter wählten eine Hasenclever-Aussage gegenüber Zweig vom 28. Juni 1914 als Überschrift: „Ich hatte den Ehrgeiz, sowohl eine Nachdichtung wie eine Übersetzung zu bieten.“ Dass Hasenclever sich durchaus geehrt fühlte, zu dem Kreis derer zu gehören, die an diesem Editionsprojekt arbeiteten (es wurde 1921 von Zweig herausgegeben), kann man manchen Äußerungen entnehmen. Es war ja auch für ihn mit neuen Erfahrungen verbunden, die Bildhaftigkeit in der Sprache eines anderen Dichters, aus einer für Lyrik sehr viel spröderen Sprache zumal, auf das Deutsche zu übertragen. So schrieb er am 9. Juli 1914 an Zweig: „Ich verdanke Ihnen durch diesen Auftrag eine große Befriedigung, nämlich Arbeiten und Arbeiten-Können. Ich ringe mit den Versen wie Jakob mit dem Engel und ruhe nicht – selbst im Schlaf – bis die letzte Diktion heraus ist: der ganze Gedanke, das kleinste Wort und vor allem als Höchstes: das deutsche Gedicht! Das war mir etwas Ungewohntes bis heute; Ihr Vertrauen zu mir – ohne daß Sie eine Übersetzung von mir kannten – ist bedeutungsvoll für mich geworden.“ Für die Herausgeber brachte diese Arbeit ganz unverhofft ein zusätzliches Schmankerl: Die Entstehungszeit eines bisher unbekannten Gedichtes Hasenclevers, (das nicht in den „Sämtlichen Werken“ verzeichnet ist, sich in Privatbesitz befindet, und von dessen Autograph deshalb nur die letzte Strophe mit Hasenclevers Signatur wiedergegeben werden soll), konnte für das Jahr 1914 angenommen werden, statt, wie bisher vermutet, für 1913. Hier waren die romanistischen Philologen gefragt: Eine stilvergleichende Analyse des Sprachduktus von Verlaine ergab die begründete Annahme, dass dieses Gedicht aus Malcesine am Gardasee eine Stilstudie Hasenclevers darstellt, um der Sprachcharakteristik des Franzosen möglichst nahe zu kommen. In den Sämtlichen Werken (Bd. I, S. 263–280) sind die Übertragungen Hasenclevers von den insgesamt 8 Verlaine-Gedichten zu lesen. Nun erfährt man durch Hasenclevers eigene Aussagen etwas über den Entstehungsprozess und über seine neuen Erfahrungen, die er durch diese Arbeit gewonnen hatte.