1996      Warum eine literarische Gesellschaft gründen? Die Gründung der Hasenclever-Gesellschaft war gleichzeitig ein Anfang und ein Rettungsversuch von Bestehendem. Das, was gerettet werden sollte, war der bereits mehrmals in unregelmäßigen Abständen verliehene Walter-Hasenclever-Literaturpreis der Stadt Aachen, den 1983 der Aachener Suleman Taufiq erhalten hatte, 1989 der Iserlohner Walter Wehner, 1990 der Dresdener Michael Wüstefeld, 1993 die Berlinerin Emine Sevgi Özdamar und 1994 die Wienerin Elfriede Jelinek; der Förderpreis in diesem Jahr 1994 ging an den ostbelgischen Autor Ingo Jacobs. Im Januar 1996 war die Fortsetzung dieser Institution wegen Haushaltskürzungen aus finanziellen Gründen nicht mehr möglich. Um die Arbeit an Werk und Person Hasenclevers, des bedeutenden in Aachen geborenen Literaten, und die mit seinem Namen verbundene Literaturauszeichnung fortsetzen zu können, lud der Kulturdezernent Dr. H. B. Nordhoff im März 1996 Vertreter der Walter-Hasenclever-Forschungsstelle an der RWTH, des Germanistischen Instituts, des Kulturausschusses im Rat der Stadt, des Städtischen Einhard-Gymnasiums, des Aachener Buchhandels, des Presse-, Kultur- und Werbeamtes der Stadt, des Stadttheaters und des Schulamtes zu einem Grundsatzgespräch in das Löwensteinhaus ein. Auf der Tagesordnung stand eine Neukonzeption der Form des Gedenkens an Walter Hasenclever, die Fortsetzung der Verleihung des Literaturpreises und die Zusammenarbeit mit Schulen und kulturellen Institutionen. Als Ergebnis des Ideenaustausches beschloss ein Initiativkreis, zur Gründung einer Walter-Hasenclever-Gesellschaft eine Versammlung einzuberufen. Die Gründungsversammlung Diese Gründungsversammlung fand am 25. April 1996 statt und beschloss mit den Anwesenden, dass die Walter-Hasenclever-Gesellschaft in das Vereinsregister eingetragen werden solle. Rechtsanwalt Walter Eßer legte einen Satzungsentwurf  vor und leitete die Wahlen zum Vorstand des neu gegründeten Vereins. Erster Vorsitzender: Prof. Dr. Dieter Breuer, Leiter der Walter-Hasenclever-Forschungsstelle am Germanistischen Institut der RWTH. Zweiter Vorsitzender Peter Klein, Buchhändler Schatzmeister: Dieter Spillner, Stellvertretender Schulleiter des Städtischen Einhard-Gymnasiums Aachen Schriftführer: Dr. Bert Kasties, Germanistisches Institut der RWTH Aachen Beisitzerin: Claudia Oleschinski, Mitglied des Rates der Stadt (Foto) Beisitzer: Bernhard Albers, Geschäftsführer des Rimbaud Verlags Beisitzer Dr. Manfred Erkens, RWTH Aachen Durch eine Vereinbarung der Walter-Hasenclever-Gesellschaft mit der Stadt Aachen, dem Verein der Freunde und Förderer des Einhard-Gymnasiums, der Hasenclever-Forschungsstelle am Germanistischen Institut der RWTH und dem Aachener Buchhandel wurde die Zusammenarbeit zur Verleihung des Hasenclever-Literaturpreises geregelt und von den anwesenden Mitgliedern gebilligt. Es war einhellige Meinung aller Beteiligten, dass die Bezeichnung Walter-Hasenclever-Literaturpreis der Stadt Aachen wie bisher bestehen bleiben solle.   Aus der ersten Präsentation der Gesellschaft in der Öffentlichkeit: Walter Hasenclever, geboren am 8. Juli 1890 in Aachen, starb am 21. Juni 1940 in einem französischen Internierungslager. Sein lyrisches Werk sowie sein 1916 uraufgeführtes Drama „Der Sohn“ machten ihn zu einem Exponenten des literarischen Expressionismus. 1917 erhielt er den Kleistpreis, von 1924 bis 1930 lebte er als Journalist in Paris. Während dieser Zeit verfasste er eine Reihe von Schauspielen (Ein besserer Herr, „Ehen werden im Himmel geschlossen“, „Napoleon greift ein“ u. a.), durch die er zeitweilig zum meistgespielten Dramatiker des deutschen Sprachraums avancierte. 1930 arbeitete er als Drehbuchautor Greta Garbos in Hollywood. 1933 wurden seine Werke im nationalsozialistischen Deutschland verboten. Als Regimegegner auch physisch gefährdet, flüchtete er ins Exil, wo er angesichts der deutschen Kriegserfolge den Freitod wählte. Die Walter-Hasenclever-Gesellschaft hat sich zur Aufgabe gesetzt, das Verständnis für das Werk und die Zeit Walter Hasenclevers, die Literatur der Moderne im 20. Jahrhundert und die Literatur der Gegenwart zu fördern. Sie wirkt mit an der Verleihung des Walter-Hasenclever-Literaturpreises der Stadt Aachen. Sie veranstaltet für ihre Mitglieder und eine breitere Öffentlichkeit Lesungen, Vorträge und Kolloquien und gibt Publikationen heraus. Die Walter-Hasenclever-Gesellschaft ist als gemeinnützig anerkannt.   Preisträger des Jahres 1996 : Peter Rühmkorf Am 30. August des Jahres fand die erste Preisverleihung unter der Federführung der Hasenclever-Gesellschaft statt. Dafür wurde das Einhard-Gymnasium gewählt,  also die Schule, an der unter ihrem damaligen Namen „Kaiser-Wilhelms-Gymnasium“ Walter Hasenclever 1908 das Abitur gemacht hatte. Der Lyriker und Essyaist Peter Rühmkorf aus Hamburg, der drei Jahre zuvor den Georg-Büchner-Preis erhalten hatte, nahm den ersten Literaturpreis seit Bestehen der Walter-Hasenclever-Gesellschaft entgegen, für seine virtuose und thematisch vielfältige Literatur, in die er oft zeitkritische Aspekte einbindet. Der Schriftsteller Ludwig Harig hielt die Laudatio, die dem sprachschöpferischen Lyriker Rühmkorf eine liebevolle Huldigung darbrachte, mit zahlreichen Zitaten und ihrem Hintersinn. Damit geizte Rühmkorf auch in seiner Dankrede nicht. Und nicht mit den anekdotischen Momenten, die ihn mit Hasenclever und seiner Zeit verbanden.       (Die hier abgedruckte Zeitungsnotiz aus AVZ / AN erwähnt die Würdigung Peter Rühmkorfs als Querdenker. Wenn man in  diesem  corona-bestimmten Jahr 2021 an die unter diesem Namen bekannten  Protestaktivitäten und die jetzt kritisch-negative Bedeutungsbestimmung dieses Begriffs denkt, kann man nur bedauern, was aus diesem einst aussagekräftigen positiven Begriff geworden ist.) Der Förderpreis ging an die ostbelgische Literaturzeitschrift „Krautgarten„. Deren Herausgeber Bruno Kartheuser nahm ihn für alle Mitarbeiter entgegen.                             Auf dem Bild stellen sich der Presse: Prof. Dieter Breuer, Peter Rühmkorf, Dr. Nordhoff und Bruno Kartheuser. Die Aachener Tagespresse vom 31. 8. 1996.  Nähere Details zum Preisträger Peter Rühmkorf können hier      abgerufen werden.                                                                                                                      Literarischer Abend in der Erholungsgesellschaft Im November 1996 lud die Gesellschaft zu ihrem ersten literarischen Abend ein, deren Hauptprogrammpunkt  ein Vortrag von Prof. D. Breuer über Hasenclevers letzte Komödie Konflikt in Assyrien war. Der Schauspieler Thomas Schweitzer las aus diesem Werk  Texte von Hasenclever.